In der europäischen Bevölkerung kommt ein Adrenogenitales Syndrom bei ca. 1:5.000 Neugeborenen vor. Damit handelt es sich um eine der häufigsten angeborenen Stoffwechselerkrankungen.
Beim AGS kommt es aufgrund von Enzymdefekten zu einer Störung der Hormonproduktion in der Nebennierenrinde.
In über 90 Prozent der Fälle besteht ein Defekt der 21-Hydroxylase, in selteneren Fällen sind andere Enzyme betroffen.
Bei allen Formen des AGS ist die Bildung von Cortisol ("Stresshormon") gestört, bei einigen Formen auch die Bildung von Aldosteron ("Salzhormon"). Bei nahezu allen Formen des AGS kommt es reaktiv in der Nebennierenrinde zu einer vermehrten Bildung von Androgenen (männlichen Hormonen), dies führt bei Mädchen zu einer Virilisierung (Vermännlichung) des äußeren Genitales. Die Entwicklung des inneren Genitale (Eierstöcke, Gebärmutter, oberer Teil der Vagina) ist nicht verändert.
Anhand des klinischen Bildes und dem Zeitpunkt der Manifestation der Erkrankung werden verschiedene Formen des AGS unterschieden:
Bei der klassischen Form des 21-Hydroxylase-Defekts kommt es beim weiblichen Neugeborenen zu einer mehr oder weniger ausgeprägten Virilisierung des äußeren Genitale. Die Veränderungen können von einer alleinigen Klitorishypertrophie (Vergrößerung der Klitoris) bis zum Erscheinen des äußeren Genitale wie bei einem Knaben reichen.
In etwa der Hälfte der Fälle eines 21-Hydroxylase-Defekts ist zusätzlich die Synthese von Aldosteron gestört, so dass es zu einem Salzverlustsyndrom kommt. Dies äußert sich in den ersten Tagen nach der Geburt mit Symptomen wie Erbrechen, Trinkschwäche, Gewichtsverlust und Schlappheit und kann lebensbedrohlich werden.
Das nicht klassische AGS (Late-onset-Form) stellt eine mildere Form des 21-Hydroxylase-Mangels dar und wird häufig erst in der Pubertät erkannt. Die erhöhten männlichen Hormone können bei den betroffenen Mädchen zu Akne, Hirsutismus (männlicher Behaarungstyp), Zyklusstörungen oder einem verfrühten Auftreten von Schambehaarung führen.
Die Therapie des AGS besteht in einer lebenslangen Substitution der fehlenden Hormone mit Glukokortikoiden, beim Salzverlustsyndrom zusätzlich mit Mineralokortikoiden. Androgenisierungserscheinungen können mit einer antiandrogenen Pille behandelt werden. Wenn erforderlich, wird zusätzlich eine operative Korrektur des äußeren Genitale vorgenommen.
Unter einer adäquaten Therapie sind eine normale weibliche Entwicklung mit Menstruation und ovulatorischen Zyklen, sowie eine Schwangerschaft möglich.